MITTAGSSCHLAF MIT MUM
das war immer schön
weiß gar nicht wirklich warum
damals so siebenjährig
irgendetwas drumherum
dunkel war es immer
so mitten am tag
rollläden zu
schweigend
liegend gemeinsam
einfach wissend
dass man sich gerne
beisammen haben mag
mitten in allen
damals schon
spürbaren verwirrungen
damals schon
hatte ich im kopf
– melodien
mittagsschlaf mit mum
ja
das ist eine
eine schöne
erinnerung
und dass mum noch da war
nach ihrem sturz
in den wildbach in österreich
im winterurlaub
zwanzig meter tief
auf die eisscholle
»jetzt ist was passiert«
hatte die großmutter noch gesagt
die mit dabei war in diesem urlaub
und mich als dreijährigen damit erschütterte
und als wir die lichterketten
der bergungsgruppe spät nachts
vom hotel aus sahen
die runter in den bach führten
glühwürmchen
auf einer kette aufgereiht
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AUSREITEN MIT PAPS
yes
mittelschichts-kid-luxus-probleme
sonderbarkeiten
vorzüge:
ausreiten mit paps
nachmittags
pferde direkt am haus
nichts war mir lieber
als durch die vorratskammer
in den stall zu gehen
und dann pferde wahrzunehmen
so verrückt
der geruch
die unmittelbare wahrnehmung
von sensibilität
von jederzeit möglicher auflehnung
mein vater hatte nicht umsonst gewählt
sich diese tiere
als begleitung auszuwählen
als er krebskrank war
und ich mich über die pferde
kümmern musste/durfte
habe ich stunden zwischen
diesen schmalen beinen
und dem beruhigenden schnaufen verbracht
im stroh in der box liegend
während großmutter nebenan
das haus hütete
abwartend
ob sich der krebs wieder meldet
und dann stand der hengst vor mir
den ich abends wieder
in den stall bringen sollte
aber an diesem abend kaum bringen konnte
aufgewühlt
mit ausgescharrtem schwanz
mit schaum in den nüstern
unzähligen adern am zitternden leib
stampfend
stand er vor mir
ein bauer hatte stuten
auf eine benachbarte weide gestellt
konnte ja nicht wissen
dass nebenan
das ungezügelte chaos lebt
so stand der hengst vor mir
bebend
in aufruhr
»hier kommst du nicht rüber
– hier ists vorbei«
hab ich ihm gesagt
auf der weide vor
dem bebenden etwas-ding stehend
mit ausgebreiteten armen
hinter mir die sich wundernden stuten
und dann bekam ich ihn endlich
nach gefühlten stunden
und mehreren galoppierten runden
zumindest in nähe des stalls
schloss mit einem balken
die eine weide
und er rannte dann
mit der größtmöglichen coolness-grandessa
mit seiner schnauze
voll gegen den balken
der nun geschlossenen weide
an deren ende
immer noch die verwundert
blickenden stuten standen
und brach sich sein nasenbein
ich hatte den hengst schlussendlich
zu einem rein äußerlich passablen araber-pferd verunstaltet
(deren markenzeichen häufig ein schöner knick im nasenbein ist)
eine ungewollte schönheitsoperation sozusagen
aber
wir an sich
hengst und ich
waren uns einig
dass man wegen dieses vorfalls
eigentlich ja nur
wegen der stuten
keine lanze bricht
aber
meinem krebskranken vater
musste ich beichten
dass sein geliebter hengst
zumindest optisch
nicht mehr der gleiche ist
darüber müssen wir beide noch lachen
der (mittlerweile lange verstorbene)
hengst und ich